„Jeder der zurückkommt, kommt als Mensch verändert zurück“, sagte Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup in einer Diskussionsrunde zum Thema „Verbindung von Städten in Kriegszeiten – Instrumente und langfristige Partnerschaftsinitiativen“. Diese fand anlässlich der Tagung des Rats der Gemeinden und Regionen Europas (Council of European Municipalities and Regions), kurz CEMR, statt, der diesmal in Karlsruhe zu Gast war.
Man kehre demütig zurück und müsse seine eigenen Koordinaten verändern, so Mentrups Erfahrung von seinen Besuchen in Winnyzja und sprach von einer „übersättigten mitteleuropäischen Überheblichkeit“. Aus dem „Sandkastenspiel Europa“ müsse man wieder raus. Mentrup sieht in den Städtepartnerschaften hierzu die Grundlage, den ernstzunehmenden Herausforderungen Europas entgegenzutreten. Von den Nationalstaaten sei hier nichts erkennbar. Es gehe darum, konkrete Solidarität und Präsenz vor Ort zu zeigen, so Mentrup weiter. Die Emotionen, die man dort erlebe, müsse man zuhause transportieren, damit der Rückhalt für die Ukraine bleibe. Die ständigen Bilder aus den Nachrichten würden zur Abstumpfung führen. „Man spürt, dass er es in seiner Seele hat“, bedankte sich Winnyzjas Oberbürgermeister Serhiy Morhunov für Mentrups Engagement. Er habe damals nicht erwartet, dass Mentrup ihn vor Ort besuche. „Das war mutig von ihm“, sprach Morhunov in den Applaus des Auditoriums und würdigte die Zusammenarbeit in vielen Bereichen.
Iryna Pietnova, Bürgermeisterin der in der Zentral-Ukraine liegenden Stadt Uman, beschrieb ihre Erfahrungen. Kein Tag vergehe ohne Luftangriffe. Die Dauer der Stromausfälle nehme zu, dies wirke sich wiederum auf die Trinkwasserversorgung aber auch das Heizen aus. Das System der Städtepartnerschaften habe sich bewährt, so Pietnova. So konnten etwa 1500 Fenster, die durch Angriffe in der Winterzeit beschädigt wurden, dank des solidarischen Handelns schnell ersetzt werden, nannte sie als Beispiel. Seine Stadt sei noch belagert, so der stellvertretende Bürgermeister von Mariupol, Serhiy Orlov, in einer Live-Schalte. Er kümmere sich bereits jetzt um das Thema des sozialen Wohnungsbaus. Dies werde nach dem Krieg wichtig, um die Bevölkerung in der Stadt zu halten. Hierzu würden über hundert Mitarbeitende bereits dank der Hilfe anderer Städte ausgebildet. Mathieu Mori vom Europäischen Rat kündigte eine Plattform an, die europäische Partnerschaften vermitteln soll. Die Hilfen in die Ukraine seien keine Einbahnstraße, das hörte man mehrfach in der Diskussion. So könnten ukrainische Städte anderen Städten in Europa mit ihrer Erfahrung helfen; beispielsweise, um resilienter zu werden und für Krisen vorbereitet zu sein, so Mori weiter. Mori denkt bereits über die Zeit nach dem Ende des Krieges nach. Die Ukraine von einer zentral geführten Militärverwaltung wieder hin zu einer dezentralen Stadtverwaltung zu führen, sei genauso wichtig, wie etwa die Durchführung von Wahlen auf nationaler und kommunaler Ebene. -has-