Es ist ein Zeitalter der Extreme, das wir durchleben: Klimawandel zwingt die Wasserwirtschaft zum Spagat – nicht nur was spontane Extremwetterereignisse, wie kürzlich massive Regenergüsse in Bruchsal und Gondelsheim (Kreis Karlsruhe) angeht, oder im Frühjahr im nordwürttembergischen Rudersberg (Rems-Murr-Kreis). Wie damit umgehen? Das war jetzt Thema des Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft (BWK), der seinen jährlichen Bundeskongress im Geno-Hotel in Karlsruhe-Rüppurr abhielt.
"Wir haben viel investiert in den Hochwasserschutz, geben viele Fördermittel für den Starkregenschutz“, sagte Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker in einem Grußwort. Von Klimawandelanpassung, dem notwendigen Ausbau „blauer und grüner Infrastruktu", spricht die Ministerin.
Blaue und grüne Infrastruktur für mehr Klimaschutz
Gemeint sind damit Grünanlagen, begrünte Dächer oder Fassaden – als Teil der grünen Infrastrukturen. Oder die blauen Infrastrukturen: Teiche, Seen und Kanäle. Auch Einstauflächen, beispielsweise große Wiesen, auf denen sich das Wasser nach einem starken Regenguss sammeln kann. "Die Akzeptanz dafür muss allgemein erhöht werden", stellt Walker fest.
Hochwasser auf der einen Seite, Trockenwetter auf der anderen Seite – das war die Spannbreite des Kongresses, unter dem Titel "Wasserressourcenmanagement im Zeichen des Klimawandels." Das Wasser spiele eine ganz entscheidende Rolle für das Leben auf der Erde, und "macht nicht Halt an Landes- oder Stadtgrenzen", stellte Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup bei dem Kongress fest. Deshalb sei es wichtig, das Regenwasser zu sammeln, zu speichern und dem Grundwasser zuzuführen.
Es bedürfe dabei „einer umfassenden Betrachtung“. Starkregenereignisse bräuchten zudem eine Infrastruktur, mit entsprechend ausgebauten Rückhalte- und Ableitungssystemen, meinte Mentrup. Karlsruhes Oberbürgermeister plädiert dafür, jedes kommunale Projekt mit Elementen „blau-grüner Infrastruktur“ zu realisieren. So könne man die Stadt Stück für Stück klimafreundlich und lebenswert entwickeln.
Auf der Tagung im Geno-Hotel in Rüppurr mit rund 150 Teilnehmenden ging es in Fachforen zum einen um Hochwasservorsorge am Oberrhein – zum anderen um urbanes Ressourcenmanagement. Redner beim "Rheintag" (Forum I) kamen aus Bern in der Schweiz, aus Straßburg, von der Bodensee-Wasserversorgung; aber auch von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) mit Sitz in Karlsruhe.
Hochwasservorsorge lebt "vom Mitmachen"
Beim "urbanen Wassermanagement" (Forum II) lagen Schwerpunkte in Anpassungen der Siedlungsentwicklung, Förderung von Modellen der Schwammstadt – oder auch, mit einem Beitrag von Toral Kremer vom Tiefbauamt der Stadt Karlsruhe, zu "Erfahrungen in Karlsruhe mit der blau-grünen Stadtentwicklung". Lob gab es von Professor Marc Ilgen, von der Hochschule Kaiserslautern, Lehrstuhl Siedlungswasserwirtschaft – der sich dort unter anderem mit kommunaler Überflutungsvorsorge und Starkregenmanagement befasst. Ilgen nannte die Stadt Karlsruhe "die Hauptstadt der Klimaanpassung". Er verweise in der Fachwelt immer wieder auf positive Beispiele aus Karlsruhe.
Zudem sei, die bereits 1991 eingerichtete Hochwasser-Vorhersagezentrale (HVZ) des Landes, angesiedelt bei der LUBW in Karlsruhe, bundesweit vorbildlich. Dem schloss sich Professor Hans Caspary (der das Fachforum "Rheintag" moderierte) von der Hochschule für Technik aus Stuttgart an. Caspary sprach von Milliardenschäden, die dadurch vermieden werden konnten. Aber sein Kollege Ilgen stellte fest: Hochwasservorsorge lebe "vom Mitmachen, man muss den Bürger mitnehmen".
Umweltministerin Thekla Walker sieht etwa im Flutinformations- und Warnsystem (FLIWAS) für Alarm- und Einsatzplanungen des Landes ein mittlerweile von vielen Kommunen nachgefragtes Angebot der LUBW. Dr. Ulrich Maurer, Präsident der Landesanstalt, kündigte derweil an, die (allgemeine) Hochwasser-Vorhersage werde ausgebaut von zehn auf künftig 30 Tage Prognose-Vorschau. Zudem habe man in den letzten Jahren die Ressourcen beim Thema Extremwetterlagen gebündelt. Es gebe mehr Pegelmessungen und mehr Standorte – auch bezüglich Niedrigwasser.
Dennoch würden auch künftig Starkregenereignisse wie jüngst in Gondelsheim oder in Rudersberg "eine große Herausforderung bleiben das vorauszusehen und rechtzeitig zu warnen", meint Maurer. -stj-
Der Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft (BWK) hat zum Kongress ein aktuelles Positionspapier Ausrichtung der Umweltpolitik in Deutschland (2024) 384 KB (PDF) veröffentlicht.