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Zweihundertsiebzig Prozent

Vorschlag für neuen Hebesatz / Verschiebungen von Gewerbe zu Wohnen

Pressekonferenz zum Thema Grundsteuer © Stadt Karlsruhe, Presse- und Informationsamt, Boris Burghardt

270 Prozent: So hoch soll nach den Plänen der Verwaltung künftig der Hebesatz für die Grundsteuer B sein, die für alle bebauten und bebaubaren Grundstücke gilt. Vor der öffentlichen Behandlung im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag dieser Woche stellten Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Finanzdezernentin Gabriele Luczak-Schwarz den Hebesatz sowie die Auswirkungen der Grundsteuerreform des Landes im Rahmen einer Pressekonferenz vor.

„Etwa die Hälfte der Betroffenen zahlt weniger Grundsteuer. Aber die Reform führt zu erheblichen Belastungsverschiebungen vom Gewerbe zum Wohnen“, erklärt Luczak-Schwarz. So fielen vor allem für Gewerbegrundstücke insgesamt rund neun Millionen Euro weniger an. Das Extrembeispiel ist hier ein Grundstück in der Oststadt, für das statt 165.000 Euro nur noch um die 66.000 Euro Grundsteuer entrichtet werden müssen. Aber auch für Eigentumswohnungen fallen insgesamt rund 2,5 Millionen Euro weniger Grundsteuer an.

Verlierer der Landesreform seien vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser mit großem Grundstück, berichtet Luczak-Schwarz weiter. Ein Einfamilienhaus in der Heidenstückersiedlung mit rund 900 Quadratmeter Grundstück habe bisher 71 Euro bezahlt, die neue Berechnung sieht 1.691 Euro vor. Ein Reihenhaus in Rüppurr mit kleinem Garten zahlte bisher 127 Euro, künftig 298 Euro.

Wertzuwachs schlägt durch

Die Ausgangsbasis von 1964 (siehe Kasten) berücksichtige nicht, was mit dem Wert des Grundstücks passiert ist, erläutert OB Mentrup. „Es ist logisch, dass der Wertzuwachs sich in einer erhöhten Grundsteuer ausdrückt.“ Daran ändere auch die Höhe des Hebesatzes kaum etwas, das habe man intern durchgerechnet.

Gleichzeitig gab das Stadtoberhaupt auch zu bedenken, dass der Besitz eines Grundstücks Vermögen darstelle. Diejenigen, deren Grundstückswerte in den vergangenen 60 Jahren stark gestiegen seien, hätten Glück gehabt, dass es bisher keine Reform gab.

Infografik zum Thema Grundsteuer Verschiebungen

Unterstützung geplant

„Manche werden im Januar vom Stuhl fallen, wenn sie den neuen Bescheid bekommen“, fürchtet Mentrup. Niemand muss sich gegen seinen Willen gezwungen fühlen, sein derzeitiges Zuhause aufgeben zu müssen", betont der Oberbürgermeister. Ob das in jedem Fall gelingt, könne er leider nicht versprechen. „Die Stadtverwaltung erarbeite derzeit intern an einem Runden Tisch Ansätze, wie wir konkret in Notlagen unterstützen können“, ergänzt Luczak-Schwarz. Neben Beratungsleistungen prüfe man derzeit auch Möglichkeiten, wie etwa Mietkostenzuschüsse nach Vermögensprüfung. Hier werde es auf den Einzelfall ankommen. Bis Januar soll die städtische Webseite karlsruhe.de/grundsteuer weiterentwickelt werden, ebenso ist geplant eine E-Mail-Adresse sowie eine Telefon-Hotline für Betroffene einzurichten.

Schlussstein der Reform

Die Festsetzung des Hebesatzes ist der Schlussstein der vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Reform. Diesen aufkommensneutral festzulegen war politischer Konsens, was bedeutet, dass das Einnahmenniveau der Grundsteuer nach der Reform gleichbleibt – in Karlsruhe beläuft sich dieses auf rund 60 Millionen Euro.

Rund 105 000 steuerpflichtige Objekte mussten hierfür berücksichtigt werden, so Stadtkämmerer Torsten Dollinger. Über 90 Prozent der notwendigen Messbetragsbescheide des Finanzamts lagen für die Kalkulation des Hebesatzes vor. Über diesen entscheidet der Gemeinderat in seiner Sitzung am 22. Oktober. -has-

Warum eine Grundsteuerreform?

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2014 eine Neuregelung der Grundsteuer bundesweit eingefordert. Die Berechnung der Grundsteuer bis einschließlich dieses Jahr fußt auf dem sogenannten Einheitswert von 1964. Eine ursprünglich geplante Anpassung alle sechs Jahre fand nie statt, so dass die aktuellen Grundstückswerte in der Regel zu niedrig und in sich unstimmig sind. Das neu entstandene Grundsteuergesetz des Bundes eröffnete den Ländern die Möglichkeit, eigene Grundsteuerregelungen festzusetzen - so auch in Baden-Württemberg.

Das vom Land ausgewählte modifizierte Bodenwertmodell löst das Verfahren nach dem Einheitswert ab. Grundlage hierfür sind die Bodenrichtwerte, die von den Gutachterausschüssen festgestellt werden, die von jedem Kauf, Tausch oder jeder Schenkung eine Abschrift des Notars erhalten – und somit ein Gesamtbild über die tatsächlichen Grundstückswerte haben. Maßgeblich für die Höhe der Grundsteuer ab 2025 sind der Bodenrichtwert und die Fläche - abzüglich gesetzlich festgelegten Pauschalen etwa für Wohnen oder Denkmalschutz. Die Wertsteigerungen bei Grundstücken führen somit zu einer höheren Grundsteuer. Der Hebesatz ändert daran kaum etwas. -has-

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