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Doppelhaushalt 2024/2025: Grenze des Leistbaren erreicht

Angespannte Haushaltslage wegen Krisen / „Schallgrenze“ von einer Milliarde Euro bei Krediten 2025 erreicht

Erste Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz: „Ambitionierter Spagat zwischen unseren zahlreichen Aufgaben und unserer finanziellen Handlungsfähigkeit“. Erste Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz: „Ambitionierter Spagat zwischen unseren zahlreichen Aufgaben und unserer finanziellen Handlungsfähigkeit“. © Stadt Karlsruhe, Presse- und Informationsamt, Boris Burghardt

Die Stadt Karlsruhe sei an den äußersten „Grenzen des Leistbaren“, mahnte Erste Bürgermeisterin und Finanzdezernentin Gabriele Luczak-Schwarz in ihrer Haushaltsrede mit Blick auf die drohende Verschuldung von über einer Milliarde Euro im Jahr 2025. Nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe einen Prozess der Haushaltssicherung eingefordert hatte, war der städtische Etat wieder auf dem richtigen Weg. Doch eine Vielzahl von unvorhersehbaren Krisen führte dazu, dass im Juni dieses Jahres bereits erheblich nachgesteuert werden musste.

„Wir alle wissen, dass der Haushalt der Stadt Karlsruhe sich nicht erst seit der Corona-Pandemie in einer strukturellen Schieflage befindet. Wir geben mehr Geld aus, als wir einnehmen. Dass dies nicht lange gut geht, kann an fünf Fingern abgezählt werden.“, so die Finanzdezernentin weiter.

Haushaltsrede EB Gabriele Luczak-Schwarz am Rednerpult
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Das Gesamtergebnis werde in 2024 minus 38 Millionen Euro und 2025 minus 41,3 Millionen Euro betragen. „Und dies, obwohl wir Verbesserungsmaßnahmen von rund 87 Millionen Euro aus Teil 1 und Teil 2 der Haushaltssicherung eingearbeitet haben“, betonte Luczak-Schwarz. Trotzdem gelinge es nicht, den vollständigen Ressourcenverbrauch – wie gesetzlich gefordert – zu erwirtschaften und damit dem „Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit“ vollumfänglich Rechnung zu tragen.

Die Finanzdezernentin rechnet in 2024 mit jährlichen Aufwendungen von 1,72 Milliarden Euro und in 2025 von 1,76 Milliarden Euro. Investiert werden sollen in 2024 262,2 Millionen Euro und in 2025 249,7 Millionen Euro - also insgesamt rund 512 Millionen Euro.

„Zwar können wir den geforderten Ausgleich der negativen Ergebnisse im Ergebnishaushalt ‚bilanztechnisch‘ über die Entnahme aus der Rücklage des ordentlichen Ergebnisses erreichen. Jedoch hat das prognostizierte negative Gesamtergebnis konkrete Auswirkungen auf die Eigenfinanzierungskraft der Stadt Karlsruhe“, so Luczak-Schwarz weiter. Der Zahlungsmittelüberschuss - also die liquiden Mittel - der zur Tilgung der Kredite und Finanzierung der Investitionen aus dem Ergebnishaushalt generiert werde, sei nicht sehr üppig. „Wir sprechen in 2024 von 30,3 Millionen Euro und in 2025 von 31 Millionen Euro.“ Gebunden seien für die Kredittilgung bereits 21,5 Millionen Euro in 2024 und 22,2 Millionen Euro in 2025. Dies bedeute, für 2024 benötige die Stadt eine Kreditaufnahme von 278,4 Millionen Euro und für 2025 von 210,2 Millionen Euro.

Grenze des Leistbaren

Sofern alle Investitionen umgesetzt werden, würden die Kreditverbindlichkeiten von voraussichtlich 614,7 Millionen Euro Ende 2023 auf 871,7 Millionen Euro Ende 2024 und auf über eine Milliarde Euro Ende 2025 anwachsen. „Das bringt die Stadt an die äußerste Grenze des Leistbaren“, mahnte die Finanzdezernentin. „Gerade in dieser Situation ist es neben klaren Prioritäten zu setzen auch erforderlich, die Akquise von zusätzlichen Fördermitteln aus Programmen des Bundes oder Landes verstärkt in den Fokus zu rücken“, appellierte Luczak-Schwarz.

Gleichbleibende Erträge

Ab dem Jahr 2024 halten die Steuerschätze bestenfalls gleichbleibende Steuereinnahmen für realistisch. Erstes Anzeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung sei die rückläufige Grunderwerbssteuer – in 2023 drei Millionen Euro weniger als geplant. Daher gehe die Stadt von Erträgen von insgesamt 1,68 Milliarden Euro im Jahr 2024 und 1,72 Milliarden Euro im Folgejahr aus.

Für beide Haushaltsjahre plane man mit jeweils 410 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Darüber hinaus mit Einnahmen bei der Grundsteuer von jeweils etwa 60 Millionen Euro, Vergnügungssteuer jeweils sechs Millionen Euro, Hundesteuer 1,2 Millionen Euro und Zweitwohnungssteuer etwa 0,8 Millionen Euro. Nach dem Urteil von Tübingen plane man für 2026 die Einführung einer Verpackungssteuer. Außerdem prüfe die Stadt die Einführung einer Bettensteuer – deren Einnahmen zweckgebunden für touristische Infrastruktur und Maßnahmen als Gegenfinanzierung verwendet werden sollen, so die Finanzdezernentin weiter.

Trotz der eingearbeiteten Maßnahmen der Haushaltssicherung belaufen sich die Gesamtaufwendungen immer noch auf 1,72 Milliarden Euro im Jahr 2024 und 1,76 Milliarden Euro in 2025. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 lagen sie noch bei 1,15 Milliarden Euro. Insbesondere beim Transferaufwand seien unverändert hohe Bedarfe zu finanzieren. Inflationsbedingte Auswirkungen reduzierten teilweise die vorgeschlagenen Einsparungen bei den Sach- und Personalaufwendungen, sagte Luczak-Schwarz.

Eigenanteil steigt

„Uns allen muss stets bewusst sein, dass eine florierende Wirtschaft die stabile Basis für eine positive Entwicklung der Steuereinnahmen ist. Jeder Arbeitsplatz ist für die Stadt Karlsruhe zugleich bares Geld wert und auch deshalb ist es so essenziell, dass sich der Wirtschaftsstandort Karlsruhe weiterhin erfolgreich entwickelt“, betonte Luczak-Schwarz.

Das größte Budget habe der Bereich Soziales und Jugend. Und diese Aufwendungen stiegen kontinuierlich an – obwohl das Land und vor allem der Bund die Kommunen massiv entlastet hätten, gab die Finanzdezernentin zu bedenken. Für 2024 sind hier 632 Millionen Euro und für 2025 653 Millionen Euro veranschlagt. Der städtische Eigenanteil sei von 2015 ausgehend bis 2023 bereits um hundert Millionen Euro angestiegen und werde bis 2028 um weitere 75 Millionen Euro auf dann 451 Millionen Euro anwachsen, rechnete Luczak-Schwarz vor.

Der zweitgrößte Aufwendungsbereich sei mit etwa 409 Millionen Euro in 2024 und 427 Millionen Euro in 2025 das Personal. Obwohl insgesamt weniger Menschen bei der Stadt beschäftigt seien, müssten mehr Mittel eingeplant werden. „Es ist daher unabdingbar notwendig, dass der Prozess zur Erarbeitung eines Personalentwicklungskonzepts aus 2021 wieder an Fahrt aufnimmt“, appellierte die Finanzdezernentin. Aktuell sei in der Stadtverwaltung Karlsruhe jede elfte Stelle unbesetzt.

Beteiligungen kosten

Um das Delta beim Städtischen Klinikum von rund 34,5 Millionen Euro in 2024 und 32,5 Millionen Euro in 2025 zu schließen, sind – beziehungsweise waren – neben der Verlustabdeckung, Sanierungsfonds, Investitionszuschüsse für die Neubaumaßnahmen und Infrastrukturverzehrzuschüsse aus dem städtischen Haushalt erforderlich.

Noch ausgeprägter sei das strukturelle Defizit bei der Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH (VBK). „Bereits 2022 muss eine Verlustabdeckung in Höhe von 63,1 Millionen Euro für die Sparte ‚Verkehr allgemein‘ und 29,7 Millionen Euro für den Stadtbahntunnel erfolgen und mittelfristig wird die Gesamtverlustabdeckung auf bis zu 131,8 Millionen Euro im Jahr 2028 ansteigen – eine äußerst beunruhigende Entwicklung!“, stellte Luczak-Schwarz dar.

Insgesamt seien die Zahlungsströme aus dem Haushalt an die städtischen Gesellschaften von 42,8 Millionen Euro in 2015 auf 128 Millionen Euro im vorläufigen Jahresabschluss 2022 angestiegen. „Diese Entwicklung ist von der Stadt alleine nicht mehr zu bewältigen! Wir müssen zeitnah richtig auf die Notbremse treten, wenn für die Bereiche Öffentlicher Nahverkehr und Gesundheitswesen weiterhin deutliche Finanzierungssignale von Bund und Land Baden-Württemberg ausbleiben“, warnte Luczak-Schwarz. Mit mehr Unterstützung in diesen Bereichen hätte man in der aktuellen Haushaltsplanung sogar einen Überschuss erwirtschaftet, gab die Erste Bürgermeisterin zu bedenken.

Investitionen fortsetzen

Trotz Haushaltssicherung sei das Investitionsniveau mit insgesamt rund 512 Millionen Euro hoch, stellte Luczak-Schwarz vor. Für 2024 seien 262,2 Millionen Euro und für 2025 249,7 Millionen Euro eingeplant. Der Fokus liege – wie vom Regierungspräsidium gefordert – auf der Abarbeitung von Fortsetzungsmaßnahmen, wie etwa die großen Tief- und Hochbaumaßnahmen, Investitionszuschüsse sowie Mittel für Klimaschutz und -anpassungsmaßnahmen oder zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus Rund 300 Millionen Euro werden allein für diese insgesamt 15 Maßnahmen in den nächsten zwei Jahren benötigt, - rund zwei Drittel des gesamten Investitionsvolumens.

So werde der Ausbau der Kinderbetreuung konsequent vorangetrieben. Budgetiert seien die Standorte Ringelberghohl in Grötzingen, Geigersberg in Durlach sowie das erforderliche Provisorium in Wettersbach, stellte Luczak-Schwarz vor. Auch im Bereich der Schulen seien Mittel eingeplant für Sportanlagen und den Schulgarten an der Drais-Gemeinschaftsschule, Brandschutzmaßnahmen an der Ludwig-Erhard-Schule – aber auch die Modernisierung der Gymnastikhalle der Leopoldschule.

Mit dem Neubau der Sporthalle der Hebelschule werde "die letzte die letzte der vier fehlenden Dreifeldsporthallen für Schul- und Vereinssport aus der Sportentwicklungsplanung veranschlagt“, so Luczak-Schwarz. Weiterhin sei der Neubau des Feuerwehrhauses Knielingen mit ABC-Zug hervorzuheben.

Finanziert wird dies über Kredite. Die Finanzdezernentin wies daher auf die mittelfristigen Risiken der aktuellen Zinsentwicklung hin: „Jedes neue Darlehen erzeugt im Vergleich zu vor zwei Jahren eine planerische Vervierfachung der Zinsleistungen.“ Gegenwärtig stünden jedoch noch keine Zinsanpassungen an.

Genehmigungsfähig

Trotz all der Herausforderungen, vor denen der Haushalt stehe, gehe man von einer „grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit“ aus, erklärte Luczak-Schwarz weiter. „Da sich unsere Verschuldung ungebremst erhöht, rechnen wir mit weiteren Auflagen im Rahmen der Kreditermächtigung.“

Dabei hatte der eingeschlagene Kurs bereits erste Erfolge gezeigt, nachdem das Regierungspräsidium die Schieflage anhand der Kriterien Ertragskraft, Eigenfinanzierungskraft, Liquidität sowie Verschuldung erkannte und einen Prozess der Haushaltssicherung einforderte, bei dem ein prognostiziertes Minus von 102 Millionen Euro auf eine schwarze Null reduziert werden sollte.

Im Dezember 2022, erinnerte Luczak-Schwarz, stellte sie gemeinsam mit Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup den ersten Teil der Haushaltssicherung vor, der neben Einsparungen auch die Einnahmenseite im Blick hatte. Gemeinsam mit den Dienststellen entstand ein Paket von 199 Maßnahmen, mit denen rund 56 Millionen Euro eingespart werden konnten. Auch wegen unerwartet höheren Gewerbesteuereinnahmen standen rund 48 Millionen Euro auf der Ertragsseite – der städtische Haushalt erwirtschaftete zu dieser Zeit somit ein kleines Plus. Eigentlich wäre dies eine gute Grundlage für den künftigen Doppelhaushalt gewesen, resümierte Luczak-Schwarz.

Zu viele Krisen

„Ausgelöst durch die Ukraine-Krise, die Preissteigerungen, die höheren Verlustabdeckungen bei den Beteiligungen und zuletzt durch die in dieser Höhe nicht geplanten Tarifsteigerungen mussten wir Anfang dieses Jahres abermals eine Runde – Haushaltssicherung Teil 2 – drehen, mit dem Ziel, das infolge der Veränderungen entstehende Defizit von minus 60 Millionen Euro zu reduzieren.“ Erneut mussten zum einen jährlich rund 30 Millionen Euro durch zusätzliche Maßnahmen erarbeitet werden. Diese 89 Maßnahmen mit einem Volumen von jährlich rund 31 Millionen Euro wurden bereits im Juni vorgestellt. Zum anderen sollen durch einen stringenten Vollzug der Bewirtschaftungsgrundsätze – „ein Mehr bedeutet ein Weniger an anderer Stelle“ und „Mehrerlöse werden zur Senkung des Defizits verwendet“ – die weiteren 30 Millionen Euro erzielt werden.

„Wir befinden uns seit drei Jahren in einer Haushaltssicherung, die sowohl von den Dienststellen, unseren Beteiligungen als auch von Ihnen, verehrte Damen und Herren Stadträte, aber auch von den Bürgerinnen und Bürgern Einiges abverlangt und noch abverlangen wird“, richtete Luczak-Schwarz den Blick auf die künftigen Beratungen.

„Strukturelle Schieflage“ beim Haushalt: 2024 stehen Erträgen von 1,68 Milliarden Euro Aufwendungen in Höhe von 1,72 Milliarden Euro entgegen, das Defizit beträgt damit knapp 40 Millionen Euro.
Maßnahmen zur Haushaltssicherung: Nachdem Ende 2022 im ersten Teil bereits rund 102 Millionen Euro Defizit ausgeglichen wurden, erforderten die aktuellen Krisen eine zweite Runde im Juni dieses Jahres.
Aktuelle Krisen wirken sich aus: Steuerschätzer gehen ab dem Jahr 2024 bestenfalls von gleichbleibenden
Steuereinnahmen aus.
Das hohe Defizit bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe wirkt sich auch auf den städtischen Etat aus: In den
vergangenen sieben Jahren hat es sich fast verdreifacht, ebenso wie der Zuschuss der Stadt.
"Schallgrenze“ geknackt: 2025 steigen die Kreditverbindlichkeiten auf über eine Milliarde Euro. Bis 2028 werden derzeit fast 1,5 Milliarden Euro eingeplant – ohne neue Investitionen aufzunehmen.

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